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Predigt von Bischof Hofmann am Ersten Weihnachtsfeiertag, 25. Dezember 2007, im Kiliansdom Würzburg

In diesen Tagen richten wir verstärkt unseren Blick nach Israel, ins Heilige Land, und dort vornehmlich nach Brothausen, besser bekannt als Bethlehem.

Eben dort wird die Geburt Jesu Christi lokalisiert: Die Menschwerdung Gottes aus der Jungfrau Maria.

In der Geburtsgrotte unterhalb des Chores der Basilika steht auf dem silbernen Bodenstern zu lesen:

„Hic de virgine Maria Jesus Christus natus est.” – “Hier ist Jesus Christus von der Jungfrau Maria geboren worden.“

Mit diesen schlichten Worten wird das größte Ereignis der Menschheitsgeschichte angesprochen: Der Ewige, Allmächtige, Unfassbare und Unbegreifliche, aus dem alles Sein und Leben entstanden ist, wird Mensch, nimmt Fleisch an, wird einer von uns. Wer es fassen kann, der fasse es!

2000 Jahre nach diesem Ereignis ist Bethlehem alles andere als ein friedliches Brothausen. Zwar drängen sich auch heute wieder Pilger aus aller Welt vor der Geburtskirche und in vielen Sprachen erklingen Gloria-Gesänge. Aber die Situation der Menschen vor Ort ist durch die politisch prekäre Situation äußerst gespannt. Schon jetzt wohnen in Bethlehem, einer einst ganz und gar christlichen Stadt, weniger Christen als Muslime. Die Einschränkung der Bewegungsfreiheit, Arbeitslosigkeit und fehlende christliche Pilger während der vergangenen Jahre haben viel zur Auswanderung der christlichen Araber beigetragen. Wenn dies so weitergehen sollte, wohnt – laut Aussage eines Einheimischen – in 50 Jahren kein Christ mehr in Bethlehem.

Was, so können wir fragen, hat die Menschwerdung Gottes denn konkret bewirkt?

Die heutige Lesung spricht davon, dass in dieser Endzeit Gott durch seinen Sohn, der „das All durch sein machtvolles Wort trägt“ (vgl. Hebr 1,2f.), zu uns gesprochen hat. Und im heutigen Evangelium ist davon die Rede, dass das Wort Fleisch geworden ist. „Ewig spricht Gott sein eigenes Wesen aus in dem Wort, das Licht ist von Gottes Licht und Glut von seiner Glut.“ (Schott, Sonn- und Feiertage, Lesejahr B, S. 48) Durch das Wort ist die Welt erschaffen worden. Im Wort Gottes fließt uns Leben zu. Gott, der das Leben ist, taucht in unsere beschränkte Lebenswelt ein, macht sich gleichsam mit uns gemein – außer der Sünde – und offenbart uns so seine unbegrenzte Liebe.

Diese Botschaft hat die Menschen seit 2000 Jahren fasziniert. Das Unerhörte dieser Mitteilung hat trotz oder gerade wegen der Dunkelheiten und Nöte unseres Lebens Hoffnung geweckt, Hoffnung auf Gottes Nähe, wo wir ihn fern glauben, Hoffnung auf Hilfe, wo wir glauben unterzugehen.

„Spe salvi facti sumus“ – auf Hoffnung hin sind wir gerettet – schrieb der heilige Paulus (Röm 8,24). Diesen Satz stellte unser Heiliger Vater Papst Benedikt XVI. seiner jüngsten Enzyklika voran.

Diesem Gedanken geht er in theologischen, philosophischen und lebensgeprägten Ausführungen nach und entfaltet, dass bei Paulus die „Hoffnung“ gleichbedeutend mit „Glaube“ ist.

Man darf sagen, dass die Hoffnung, die mit Gottes Menschwerdung uns zukommt, unser ganzes Leben, das jetzige wie das zukünftige, umfasst. Der Glaube an die Geburt des Gottessohnes eröffnet uns die Möglichkeit, selber Kinder Gottes zu werden und das Ewige Leben zu erlangen. Dieser Blick, der schon die Erlösung durch Christi Kreuzestod mit sieht, erschließt uns eine Zukunft, die schon jetzt greift und unser konkretes Leben umfasst.

So sagt der Papst in dieser neuen Enzyklika: „Der Glaube ist nicht nur ein persönliches Ausgreifen nach Kommendem, noch ganz und gar Ausständigem; er gibt uns etwas. Er gibt uns schon jetzt etwas von der erwarteten Wirklichkeit, und diese gegenwärtige Wirklichkeit ist es, die uns ein ‚Beweis’ für das noch nicht zu Sehende wird. Er zieht Zukunft in Gegenwart herein, so dass sie nicht mehr das reine Noch-nicht ist. Dass es diese Zukunft gibt, ändert die Gegenwart; die Gegenwart wird vom Zukünftigen berührt, und so überschreitet sich Kommendes in Jetziges und Jetziges in Kommendes hinein.“ (Spe salvi, 7.)

Der Blick auf das Kind von Bethlehem ist nicht einfach ein nostalgischer, sentimentaler Rückblick, sondern ein hoffnungsvoller Ausblick in unsere eigene Zukunft.

Hoffnungslosigkeit, die wir leider oft in unserem Umfeld konstatieren müssen, basiert meist auf der Erkenntnis der eigenen Unfähigkeit, die bestehende Situation zu verändern, und einer damit verbundenen vermeintlichen Ausweglosigkeit. Wir sehen dann keine Möglichkeit, die jetzige Situation positiv zu verändern. Wir beschränken uns dabei allerdings auf die eigenen, begrenzten Möglichkeiten und gestehen Gott keinen Wirkraum zu.

Würden auch im Heiligen Land das Kommen des „Friedensfürstes“ ernst genommen und damit Gottes Maßstäbe akzeptiert, es ergäbe sich eine tragfähige Friedenslösung für alle Beteiligten.

Wie hörten wir eben aus dem Buch Jesaja: „Wie willkommen sind auf den Bergen die Schritte des Freudenboten, der Frieden ankündigt, der eine frohe Botschaft bringt und Rettung verheißt, der zu Zion sagt: Dein Gott ist König.“ (Jes 52,7)?

Es ist ermutigend zu lesen, dass das neueste Ergebnis einer Religionsstudie belegt, dass Religion und Glaube einen hohen Stellenwert bei jungen Leuten in Deutschland haben. „Insgesamt seien 52 Prozent der 18- bis 29-Jährigen klar religiöse Menschen und weitere 14 Prozent sogar hochreligiös. Ihnen ist zum Beispiel der regelmäßige Gottesdienstbesuch wichtiger als ihren Eltern.“ (Die Tagespost, 18.12.07, 9)

Indem wir Weihnachten feiern, uns voll Freude bewusst werden, dass Gott in unsere Geschichte und in unser ganz persönliches Leben eingetreten ist, öffnen wir den Blick für seine Verheißungen, für seine Lebensperspektiven, die letztlich unsere Begrenzungen, Brüche und Katastrophen überwinden lassen.

Deshalb dürfen wir – trotz der immer noch auf dieser Welt lastenden Dunkelheiten – singen: „Jauchzt vor dem Herrn, alle Länder der Erde, freut euch, jubelt und singt.“ (Ps. 98, 4).

Amen.